Sozialverträglicher Braunkohleausstieg?

60 Milliarden für neue Arbeitsplätze…

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff spricht von 60 Milliarden Euro, um den Braunkohle Ausstieg sozialverträglich zu gestalten. „Diese Summe müssten die Industrie und die öffentliche Hand für den Aufbau von Ersatzarbeitsplätzen und eine Verbesserung der Infrastruktur aufbringen“.

Es sollen also 60 Milliarden Euro investiert werden, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, durch die die Menschen dann ein gesichertes Einkommen haben. Warum muss dieser sehr umständlich wirkende Weg gewählt werden, statt den Menschen direkt ein existenzsicherndes Einkommen auszuzahlen? Und wer darf darüber entscheiden, was das für Arbeitsplätze werden, die die Menschen dann bekommen sollen?

… oder Grundeinkommen für neue Chancen?

Durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen hätten alle eine finanzielle Absicherung, ohne Wenn und Aber. Im Gegensatz zum jetzigen System wäre es also allen freigestellt, wie sie ihre Zeit verbringen. Bisherige Untersuchungen zeigen, dass die Arbeitsbereitschaft dadurch keineswegs zurückgehen würde. Sie würde sich allerdings verlagern. Weg von der klassischen Lohnarbeit, hin zu selbstständiger Beschäftigung sowie Nicht-Erwerbsarbeit. Dies bestätigt unter anderem eine Untersuchung von Studierenden der Universität Frankfurt. Sie zeigen sogar auf, dass das Arbeitsvolumen durch die garantierte Leistung eher noch zunimmt.

Dass Menschen den finanziellen Anreiz nicht brauchen, um Leistung zu erbringen, zeigt sich auch jetzt schon daran, dass wir bereits viel mehr unbezahlte Arbeit leisten als bezahlte. Laut Destatis werden im Durchschnitt in Deutschland pro Woche 20,5 Stunden Erwerbsarbeit verrichtet. Dem gegenüber stehen 24,5 Stunden Nicht-Erwerbsarbeit. Für die Frage, ob eine Arbeit verrichtet wird, ist die Entlohnung also nicht der entscheidende Aspekt.

Im Falle einer direkten Auszahlung wären die Menschen in der Region also mit dafür verantwortlich, wie sich die Wirtschaft dort entwickelt. Sie könnten ihr Leben und ihre Umgebung aktiver gestalten und wären weniger abhängig von den Konzernen.

Selbstbestimmt in die Zukunft

Sicher mag es erst mal nicht besonders selbstbestimmt sein, wenn der eigene Arbeitsplatz aufgrund von politischen Entscheidungen weg fällt. Solche Veränderungen gab es jedoch schon immer und wird es auch in Zukunft geben. Nun ist eben die Zeit für die Braunkohle abgelaufen, die früher durchaus ihre Berechtigung hatte, inzwischen aber überholt ist. Durch ein BGE können solche Umbrüche angstfrei und ohne Druck, möglichst schnell eine neue Erwerbstätigkeit finden zu müssen, vollzogen werden. So könnte die frei gewordene Zeit dazu genutzt werden, sich weiterzubilden, gesellschaftlich zu engagieren, mehr Zeit für die Familie zu nehmen, sich umzuorientieren, etwas ganz neues auszuprobieren, kreative Lösungen zu finden und damit im Endeffekt eine neue Wirtschaft mit aufzubauen.

Energiewende mit Eigeninitiative

Was dabei herauskommen kann, wenn Menschen selbst aktiv werden, zeigt beispielsweise die Geschichte der EWS Schönau. Diesen „Stromrebellen“ wurde zwar kein Grundeinkommen ausgezahlt, aber sie beschlossen, sich nicht weiter passiv der vorherrschenden Wirtschaft auszusetzen. Sie wollten etwas gegen Atomstrom unternehmen und gründeten eine Bürgerinitiative, aus der nun ein Unternehmen erwachsen ist. Im Jahr 2017 erzielten sie damit einen Umsatz von 4,4 Millionen Euro. Dabei ging es ihnen keinesfalls um finanzielle Aspekte. Im Gegenteil, sie gingen ein enormes finanzielles Risiko ein, indem sie sich mit dem ansässigen Energieversorger anlegten. Die Geschichte der EWS, die bis heute als Paradebeispiel in der Anti-Atomkraft Bewegung gilt, können Interessierte auch als Dokumentation anschauen.

Im Gegensatz zu Unternehmen entscheiden Menschen nicht im Hinblick auf eine mögliche Rendite, sondern danach, wie sinnvoll eine Tätigkeit ist. Durch ein Grundeinkommen könnten sie dies fortan ohne Existenzängste. Dann wären sie freier in ihren Entscheidungen und könnten selbst zum wirtschaftlichen Fortschritt beitragen, auch im Sinne des Umweltschutzes. Somit wäre es nicht nur eine wirtschaftlich durchaus sinnvolle „Investition“, das Geld den Menschen direkt zu geben statt den Unternehmen. Durch die Absicherung der Menschen würde auch die absolute Machtstellung der Konzerne eingeschränkt. Dies würde insbesondere auch zu einer demokratischeren Gesellschaft führen, die die Menschen tatsächlich aktiv mitgestalten können.

Bild: (c) Lukas Emig